Unser Selbstverständnis und unsere Aufgaben:
Ludwigsburger Partnerschaften in Zeiten des Krieges in der Ukraine
Am Abend des Überfalls russischer Truppen auf die Ukraine sagte der französische Präsident Emmanuel Macron in einer Rede an die Nation:
„Der Krieg ist da.(..) Wir werden ohne Schwäche, kaltblütig, mit Entschlossenheit und in Einheit (in der EU und der NATO) reagieren.(..) Putins Einmarsch ist ein Wendepunkt in der europäischen Geschichte. (..) Wir werden vereint unsere Prinzipien Einheit, Souveränität und Demokratie verteidigen.“
Drei Tage später äußerte sich Bundeskanzler Scholz im Bundestag ähnlich und kündigte an, die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr entschieden zu verstärken.
Anfang März weilte eine Ludwigsburger Delegation mit unserem OB Dr. Matthias Knecht an der Spitze in Bergamo in der Provinz Lombardei in Norditalien, ich vertrat den Ende vergangenen Jahres gegründeten Verein „Ludwigsburg International“.
Wir trafen Bürgermeister Gori, Vertreterinnen und Vertreter der Stadtverwaltung und die 25 Bergamaschi Jugendbürgerräte im Alter zwischen 17 und 25 Jahren, die im Mai mit den Ludwigsburger Jugendbürgerräten auf zwei Tagungen dort und hier die Corona-Krise aufarbeiten sollen; seit einigen Monaten bereiten sich die Schüler und Studenten beider Städte an Wochenenden Themenblöcke vor. Das deutsch-französische Institut leistet bei der Vorbereitung dieses Treffens unschätzbare Dienste: Material wird zusammengestellt, den Jugendbürgerräten vorgelegt. In sorgfältig moderierten Gruppenphasen und Auswertungsrunden ziehen die jungen Leute ihre Schlüsse und legen Ergebnisse vor. Die LKZ hat bereits berichtet.
Diese Teilhabe junger Leute aus Italien und Deutschland wird möglich durch den „Preis der Präsidenten (Mattarella und Steinmeier) für die kommunale Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Italien“, der den Bürgermeistern Gori und Dr. Knecht vergangenes Jahr in Berlin verliehen wurde.
Im Übrigen gibt es seit Jahren eine Freundschaft des Kreises Ludwigsburg mit Bergamo.
Was haben die Reden des französischen und des deutschen Regierungschefs mit den italienisch-deutschen Jugendbürgerräten zu tun?
Die Achse der drei Gründungsmitglieder der EU Paris – Berlin – Rom verstärkt sich derzeit, international wie interkommunal. Die innere Stärke des Zusammenhalts der Europäischen Union und der NATO beruht entscheidend auf den von Präsident Macron genannten heiligen Prinzipien, wichtige Unterstützung kommt durch die vielfältigen Begegnungen vor allem der jungen Menschen, die mit Herzblut und viel Ehrenamt in Europa seit Jahrzehnten von Schulen, Vereinen, Kreisen und Kommunen organisiert werden. Unzählige Begegnungen führten zu Freundschaften.
An dieser Stelle muss an Lucien Tharradin erinnert werden, aktiv in der Résistance gegen die deutsche Nazi-Besatzung Frankreichs und nach seiner Verhaftung im KZ Buchenwald inhaftiert. Er überlebte und wurde Maire (Bürgermeister) Montbéliards (Mömpelgard), der ältesten Partnerschaft Ludwigsburgs. Auf einer Begegnung französischer und deutscher Bürgermeister 1950 in Stuttgart lernte Maire Tharradin den Ludwigsburger OB Elmar Doch kennen und regte die erste Städtepartnerschaft an, die 1962 schriftlich begründet wurde. Welcher Großmut, welche Weitsicht!
Im selben Jahr hielt Präsident Charles de Gaulle in Ludwigsburg seine „Rede an die deutsche Jugend“, deren 60. Jubiläum wir im September feiern.
Zu diesem Anlass werden Vertreterinnen und Vertreter einiger Partnerstädte in Ludwigsburg sein; ein umfangreiches Programm ist in Arbeit.
Wir hoffen, dass noch in diesem Jahr die Stadtoberhäupter die Partnerschaftsurkunde Ludwigsburg – Bergamo unterzeichnen werden. Die Bergamaschi sind sehr interessiert nicht nur an vielfältigen Begegnungen der Stadt- und Kreisverwaltungen und der Zivilgesellschaft unserer Städte, sondern auch an wirtschaftlicher Zusammenarbeit der mittelständischer Firmen hier und dort. Auch die Rotarier beider Städte pflegen bereits Kontakt.
Und hier schließt sich der Kreis. Wir können angesichts von Präsident Putins grausamem Überfall auf die souveräne Ukraine nicht verzweifeln. Unsere Devise: Als international sehr umtriebige Kommune ruhig bleiben und weiter machen!
Mit unserer Partnerschaft Jevpatorija auf der Krim, die Putins Russische Föderation 2014 völkerrechtswidrig annektierte, verbietet sich seither jeglicher offizielle Austausch. Von der Krim aus rückten in den vergangenen Tagen russische Verbände in Richtung Mariupol vor; die Versorgung der Stadt ist durch die russischen Angriffe zusammengebrochen; es gibt viele zivile Kriegsopfer.
In Ludwigsburg sind viele ukrainische Flüchtlinge angekommen; Kinder und Jugendliche aus der Ukraine werden in Ludwigsburger Schulen unterrichtet, die Integration der Familien hat begonnen.
So muss internationale Solidarität auf kommunaler Ebene aussehen.
Umso wichtiger ist es, uns immer wieder unserer Partnerschaften in der EU und mit St. Charles in den USA zu vergewissern:
Mit dem Auslaufen coronabedingter Einschränkungen können unsere Schülergruppen wieder in die Partnerstädte reisen.
In diesen Tagen ist unser Oberbürgermeister mit einer Gruppe des deutsch-amerikanischen Freundschaftsclubs in St. Charles / Missouri, um die Beziehungen nach dem Ende der pandemiebedingten Einschränkungen zu vertiefen.
Ende Mai werden wir mit einer Delegation ein weiteres Mal in Bergamo das weitere Vorgehen klären.
Außerdem planen wir in enger Zusammenarbeit mit der Stadt, die Partnerschaft mit Caerphilly in Wales auch angesichts des Brexits mit neuem Leben zu erfüllen.
Mit den Klimapartnerschaften in Kongoussi / Burkina Faso und Ambato / Ecuador kooperieren wir regelmäßig.
Wie schrieb Lucien Tharradin über die deutsch-französische Partnerschaft vor mehr als 70 Jahren:
„…so darf ich doch auch die wunderbare Hoffnung hegen, verfolgen zu können, wie unsere beiden kleinen Provinzen durch ihre natürlichen gemeinsamen Berührungspunkte unseren großen Nationen den schönen Weg zu einer gegenseitigen Verständigung zeigen.“
Wolfgang Medinger, Vorsitzender des Vereins „Ludwigsburg International-Förderverein Städtepartnerschaften“